Prävention im Fokus: Wie Unternehmen die Sicherheit am Arbeitsplatz verbessern

Arbeit kann ungesund sein. Sowohl kurzfristig in Form von Unfällen als auch mittel- bis langfristig durch Auswirkungen auf Körper und Geist. Damit genau das alles möglichst gar nicht geschieht, gehen Unternehmen teils sehr weite Wege.

Mann setzt Akkubohrer zusammen auf einer Holzunterlage in Schutzkleidung
Der Körper ist ebenso eine Baustelle wie so mancher Arbeitsplatz. © Jeriden Villegas / Unsplash

Zwischen Gesetzeszwang, Wirtschaftlichkeit und Menschlichkeit

Warum genau investieren Unternehmen in Arbeitsplatzsicherheit? Die lapidare Antwort wäre «Weil wir nicht mehr im 19. Jahrhundert leben». Keine Übertreibung, denn seitdem hat sich nicht nur einiges gesellschaftlich getan, sondern hielten aufseiten der Wirtschaft zahlreiche Erkenntnisse Einzug:

  1. Gesetze: Grundsätzlich schützt die Schweiz – ähnlich wie viele andere Länder – Arbeitnehmer, indem Sie als eine übergeordnete Stelle fungiert. Dazu erlässt sie diverse Gesetze und Vorgaben. Sie bieten einen (bei uns recht hohen) Mindeststandard, an den sich jeder Arbeitgeber halten muss. Andernfalls drohen empfindliche Strafen. Das zentrale schweizerische Gesetzeswerk ist das Unfallversicherungsgesetz UVG. Allerdings existieren noch verschiedene andere Vorgaben, die von diesem Gesetzespaket ausgehen.
  2. Wirtschaftlichkeit: Auch das unternehmerische Denken hat sich seit den 1800ern erheblich weiterentwickelt. Daher weiss man heute, dass Investitionen in Arbeitssicherheit, so teuer sie mitunter sein mögen, mittel- bis langfristig erheblich günstiger sind als die Alternative. Jeder unfall- oder krankheitsbedingte Absenz-Tag etwa schlägt mit rund 600 bis 1‘000 Franken zu Buche. Hinzu kommen noch indirekte Kosten, etwa weil Termine platzen. Dem gegenüber lässt es sich auf vielfältige Weise in Sicherheitsausrüstung investieren – dazu noch in sicherheitsrelevante Massnahmen und Prozeduren. All das ist unterm Strich deutlich günstiger als nur eine Woche Arbeitsausfall eines einzelnen Mitarbeiters.
  3. Menschlichkeit: Diesen Begriff könnte man auch als Image übersetzen: Kaum jemand möchte in einem Betrieb arbeiten, dem die Gesundheit seiner Mitarbeiter sozusagen «egal» ist. Ähnlich sieht es bei Kunden und Geschäftspartnern aus. Nicht zuletzt sieht man Mitarbeiter heute viel stärker als Partner an, nicht bloss Personen, deren reine Arbeitskraft man benötigt. Gerade durch den Fachkräftemangel bekommt dieses Thema weitere Bedeutung.

Zusammengefasst bedeutet das: Die Sicherheit seiner Mitarbeiter ist heute für jeden Unternehmer eine absolut zentrale Angelegenheit. Das sieht man nicht zuletzt daran, dass immer mehr Firmen aus freien Stücken mehr tun, als nur durch die Gesetze verlangt wird. Natürlich, schwarze Schafe gibt es, aber deren Zahl schrumpft. Dahinter stehen schlichtweg die angesprochenen wirtschaftlichen Mechanismen.

Es braucht nur einen Arbeitsunfall, der klar erst durch Nachlässigkeit ermöglicht wurde, und ein solches Unternehmen kann rasend schnell in die Bredouille geraten – nicht zuletzt deshalb, weil solche Botschaften sich über das Netz rasend schnell verbreiten.

Doch wie genau verbessern Unternehmen die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze? Naturgemäss gibt es hierzu äusserst vielfältige und unterschiedliche Möglichkeiten, je nachdem, welche Belastungen am Arbeitsplatz zu erwarten sind. Zu den gängigsten Massnahmen gehören die folgenden Dinge.

Ergonomie

Warum dürfte jeder einzelne Angestellte in der Schweiz, der auch nur zeitweilig an einem Bildschirm arbeitet, dabei entweder an einem speziellen Steh-Schreibtisch stehen oder auf einem Stuhl sitzen, der zumindest grundsätzlich der menschlichen Anatomie angepasst ist? Ganz einfach: Weil mangelnde Ergonomie langfristig gesehen einer der bedeutendsten Einzelgründe für Absenzen ist.

2011 bezifferte die schweizerische Rheumaliga die Zahl von Ausfalltagen allein aufgrund der «Diagnose Rücken» auf unglaubliche 10 Millionen Stück – pro Jahr. Ein erneuter Report aus dem Jahr 2020 beweist, dass es etwas besser geworden ist. Ein nicht zu verachtender Anteil dürfte auf verbesserte ergonomische Arbeitsbedingungen zurückzuführen sein. 

Betriebssport und Ähnliches

Arbeit bedeutet für jeden Einzelnen eine konkrete Gruppe von täglichen Tätigkeiten. Nicht immer ist es möglich, diese generell auf eine Weise zu gestalten, durch die sich keinerlei negative Gesundheitseffekte einstellen. Ebenso weiss die Medizin längst, dass ein fitter Körper grundsätzlich weniger anfällig ist und mitunter sogar Verletzungen besser wegstecken kann.

Kommt dann noch der Team-Gedanke hinzu, liegt es nahe, warum immer mehr Unternehmen ihren Mitarbeitern betrieblich organisierte oder wenigstens geförderte Sportmassnahmen anbieten. Gerade dieser Punkt zeigt schön, wie sehr bei den Themen Arbeitssicherheit und Gesundheit ganz verschiedene Aspekte zusammenfinden.

Persönliche Schutzausrüstung

Verschiedene Belastungen und Gefahren lassen sich nur bis zu einem bestimmten Grad minimieren – meist ist hier der derzeitige Stand der Technik der ausschlaggebende Faktor. Andere Risiken liegen schlichtweg in der Natur der Sache. Denken wir etwa an die Arbeit mit einer Kettensäge. Damit diese Maschine schneiden kann, müssen schlichtweg relevante Sägeteile freiliegen; ebenso muss die Säge handgeführt werden.

Überall dort, wo ein solches «Restrisiko» nicht ausgeschlossen werden kann, müssen Unternehmen den womöglich betroffenen Mitarbeitern Schutzausrüstung zur Verfügung stellen. Deren Vielfalt ist enorm. Sie reicht nicht nur sprichwörtlich von Arbeitsstiefeln mit Zehenschutz und durchtrittsicherer Sohle bis zu Helmen mit integriertem Gesichts- und Gehörschutz.

Hier bietet sich übrigens ein hervorragender Punkt, um über das gesetzliche Minimum hinauszugehen. Das ist Ausrüstung, die nicht nur schützt, sondern obendrein maximal bequem gestaltet ist – wodurch sich wiederum die Bereitschaft erhöht, das Equipment stets zu nutzen.

Kontinuierliche Schulung

Ein Grundsatz der Arbeitssicherheit lautet, Massnahmen möglichst unabhängig von sogenanntem menschlichem Wohlverhalten zu machen. Einfach gesprochen: Eine bestimmte Tätigkeit soll in ihrer Sicherheit nicht von jederzeit korrektem Verhalten eines Mitarbeiters abhängig sein. Deshalb kann beispielsweise eine Blechstanzmaschine in der Industrie erst dann abgesenkt werden, wenn zwei weit auseinanderliegende Bedienknöpfe niedergedrückt werden – nur so sind beide Arme garantiert nicht in der Gefahrenzone.

Doch wie so häufig, so gilt auch hier: Längst nicht alle Arbeiten bzw. Prozesse lassen sich derart absichern. Ausserdem kommen immer wieder neue Entwicklungen, Erkenntnisse und dergleichen hinzu.

Von zentraler Bedeutung ist es daher, alle Mitarbeiter ständig auf dem jeweils aktuellen Stand zu halten – und dieses Wissen von Zeit zu Zeit aufzufrischen. Dazu gehören solche Themengebiete wie:

  • Allgemeines und spezifisch sicheres Verhalten – etwa beim Bedienen von Maschinen.
  • Korrektes Erkennen von Gefahrensituationen und richtiges Handeln.
  • Richtiges Anwenden von Sicherheitstechnik.
  • Erste Hilfe an sich und anderen.

Idealerweise wird immer dann geschult, wenn jemand Neues zum Team hinzustösst, sich etwas in der bisherigen Arbeitsweise ändert und/oder neue Techniken hinzukommen.

Übrigens können zu dieser Kategorie auch Übungen gehören. Etwa die Evakuierung im Brandfall.

Arbeitssicherheit als Kultur pflegen

Arbeitssicherheit kostet Geld, Arbeitssicherheit kann Prozesse verkomplizieren oder in die Länge ziehen – wenigstens gefühlt. Dadurch gibt es für manche Charaktere immer gewisse Anreize, es bei den Massnahmen weniger genau zu nehmen – mitunter so lange unerkannt, bis dadurch etwas Fatales geschieht.

Genau um das zu verhindern, integrieren immer mehr Unternehmen den ganzen Themenkomplex in den Kern ihrer Unternehmenskultur. Die Kernbotschaft: «Sicher und stolz darauf».

Dabei geht es in der Praxis sehr vielfältig zu. Manche Firmen lassen beispielsweise Abteilungen oder Schichten miteinander wetteifern, wer es auf die meisten zusammenhängenden Tage ohne Vorfall bringt. Andere machen überdeutlich, wie sehr mehr Sicherheit tatsächlich die Produktivität steigert. Einfach, weil sie ermöglicht, sich stärker auf die eigentliche Arbeit zu konzentrieren.

Dieser «kulturelle Ansatz» ist noch relativ neu. Jedoch zeigt sich bereits, wie gut es wirken kann, wenn alle echten Stolz aus einem allgemein sicheren Arbeitsplatz und eigenem Verhalten ziehen können.

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